Donnerstag, 5. November 2009

Bestandsaufnahme

Ich gehe aus dem Haus. Bei gefühlten 15 Kelvin schlottere ich Richtung Bahnhof. Ist schattig geworden über Nacht. Straßen noch regennass. In den Gassen Nebelschwaden, die Autos zu leuchtenden Giganten werden lassen. Wind, der mit vergewaltigender Hand die blütengleich geschmückten Bäume entkleidet. Eine völlig neue Bedeutung des Wortes Defloration. Es ist Herbst.

Eine Kreuzung weiter. Ein Mann von mittlerem Alter und Gewicht, sowie lichtem Haar fährt mit seinem Drahtesel auf mich zu. Bergab. Ich sehe ihn einen Gang runterschalten und augenblicklich schneller trampeln. Nach wie vor bergab. Ein Treten ums Überleben, so der Anschein. Hochroter Kopf. Sogar ein abschüssiger Weg scheint kräftezehrend. Was wohl geschehen wäre, hätte ihn ein kräftiger Rückenwind ergriffen? Womöglich hätte er geschoben.

Einsteigen in den Zug. Lektüre in Händen seh' ich Bewegung im Augenwinkel. Ein vorbeihuschender Zug. Das Gefühl man würde beschleunigt, dabei fährt der Nachbarzug. Ein Bewusstsein, das nicht Herr im eigenen Haus ist. Ob man das mit autogenem Training meistern könnte?

Noch 100 Meter zum Ziel. "StudiPress macht müde Menschen munter", tönt es frech von der Seite. Ich nehme die Zeitung und werfe sie in den nächsten Mülleimer.

Ledrige Grüße

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen